Gasthäuser und Bistros in Österreich: von traditionell bis mutig - NZZ Bellevue ~ Kampung Kabar
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Gasthäuser und Bistros in Österreich: von traditionell bis mutig - NZZ Bellevue

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Vegane Küche im österreichischen Traditionsgasthaus? Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Auf den zweiten gelingt sie verblüffend gut – etwa im «Jungwirt» in Göttlesbrunn. Dieses befindet sich mehr oder weniger zwischen Wien und Bratislava, im Weinbaugebiet Carnuntum, und ist eines jener Gasthäuser, wie es sie fast nur in Österreich gibt. Bodenständig und traditionell auf den ersten Blick, spannend und qualitätsbewusst auf den zweiten. Das Kürbisragout mit ausgebackenem Reisknödel, das ich hier vor ein paar Tagen verzehrte, dürfte jeden Veganer begeistern.

Vielleicht ist es ja auch die Konkurrenz, die anstachelt. In Göttlesbrunn gibt es, was selbst in Österreich keine Selbstverständlichkeit ist, gleich zwei extrem sorgfältig arbeitende Gasthäuser. Das andere, das Restaurant Bittermann, wirkt ein bisschen edler, lockt auch schon mal Grossstädter an, denkt aber beim Essen nicht daran, unnötige Verfeinerungen zu servieren. Was auf den Teller kommt, ist deftig. Hausgemachte Cevapcici von der alten Kuh, die legendären weissen Nieren (eigentlich Lammhoden) sowie die Topfenknödel, akkurat in Butterbröseln gewälzt.

Wer einmal zu Gast war in den richtig guten Gasthäusern des Alpenlandes, der merkt schnell, dass die hier zelebrierte Ess-, Trink- und Gastkultur mit den üblichen Hauben, Punkten und Sternen der Restaurantführer nur schwer zu bewerten ist. Einfach ist es, aber damisch gut. Und immer öfter nachhaltig.

So wie bei Josef Floh, einem Pionier der nachhaltigen Küche. Bioprodukte und Zutaten aus dem sogenannten Radius 66 stehen im Zentrum der Speisekarte. Was bedeutet, dass praktisch alles von ambitionierten Produzenten aus der unmittelbaren Umgebung (66 Kilometer!) gewonnen wird. Karotten und Saibling, Ochsenherzparadeiser (Tomaten) oder Dry-aged-Rind von Fleischermeister Manfred Höllerschmid.

Wer dagegen Innereien liebt, sollte zu Max Stiegl reisen. Die Truthahnhoden, die er mir vor zwei Wochen im Zusammenspiel mit Calamari zubereitete, sind nicht jedermanns Sache, aber von einem Pferdetatar mit Miso, die Kutteln nach serbischer Art oder das Beuschel (ein Ragout mit Lunge und Herz) sollten auch Skeptiker kosten. Leider konnte ich noch nie sein Huhn in der Blase ausprobieren, zubereitet nach einem Rezept des legendären französischen Kochs Fernand Point.

Echte Gasthäuser gibt es auch in Wien. Also solche, die Suppe mit Frittaten und Zwiebelrostbraten servieren. Manche sind zu meiden, andere lohnen durchaus einen Besuch. Doch wenn man schon mal den Shuttle vom Flughafen Schwechat in die Hauptstadt nimmt, sollte man vielleicht doch eine Nummer mehr Spannung buchen.

So wie bei Konstantin Filippou, einem der angesagtesten Köche der Stadt. Ausser seinem Gourmetlokal betreibt er auch das coole Bistro O Boufés. Österreichisch-kreative Küche mit griechisch-mediterranem Touch könnte es diejenigen nennen, die allem einen Namen geben wollen. Krautfleisch mit Sardellentoast oder Freilandhuhn mit mariniertem Spinat? Gibt es nur hier!

Bei Filippou war ich nur kurz, im Tian Bistro am Spittelmarkt schon länger. Schliesslich wollte ich von Paul Ivic, dem Meister der fleisch- und fischlosen Küche, genau wissen, wie lange er an seinem veganen Tatar gearbeitet hat. Es zählt zu den Klassikern im Bistro, verlangte etliche Monate der Ausarbeitung und umfasst mehr als 20 Zutaten. Und es schmeckt besser als so manches Tatar mit Fleisch, wird gern vom Sommelier mit einem Wein der extrem gut sortierten Karte kombiniert.

Schliesslich noch das, was für manche der Klassiker der österreichischen Küche schlechthin ist – und das natürlich nur zu einem kleinen Teil der Wahrheit entspricht. Doch tatsächlich beherrschen viele Köche die Zubereitung des ausgebackenen Schnitzels verblüffend gut, wenn man Vergleiche mit der Schweiz und mit Deutschland zieht.

Toni Mörwald ist so einer. In Österreich ist der Mann als Fernsehkoch und Buchautor eine Persönlichkeit, doch an der Qualität lässt er es nicht missen. Die von ihm betriebene und hoch frequentierte Taverne neben dem Schloss Grafenegg wäre in manch anderem Land eine entsetzliche Touristenfalle. Hier aber gelang das gerade von mir verzehrte Wiener Schnitzel (natürlich vom Kalb) ausgezeichnet. Die riesige und alles andere als teure Weinkarte ist eine besondere Erwähnung wert – und der unglaublich herzliche Service spricht abschliessend für eine Reise nach Österreich.




September 05, 2020 at 04:31PM
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